Ich hab da ’n, ‘n Erlebnis, das muss auch so ’74, ’75 gewesen sein. Das war so in etwa 17 Uhr und dann kommt meine Ella Krätzler rein ganz aufgeregt: „Guck a mal da zum Fenster hinaus, was da los isch! Guck mal da hinaus, was da los isch!“ Und dann kam a ganzer Schwarm, äh, Menschen auf unser Bürohof wie sich nachher rausgestellt hat, 58. So. Die haben sich aufgestellt vor der Eingangstür und einer kam rein, türkische Bürger. Und der eine kam rein und hat gesagt gehabt: „Wir wollen Mitglied bei der IG Metall werden.“ Ich sag, „Ja, wo arbeitet denn ihr denn?“ – „Ja, bei Fibron.“ Fibron hatte damals noch keinen Betriebsrat, aber 250, 270 Beschäftigte und überwiegend türkische Bürger. Zehn Prozent Frauen, 90 Prozent Männer. Hab ich gesagt, „Ja, gut, isch in Ordnung, können wir machen. Ich geb dir die Aufnahmescheine mit und die nehmt ihr mit nach Hause und dann füllt ihr sie aus und dann bringt ihr sie hier her.“ Hat er die angeguckt, hat Fragen gestellt, was muss da rein, was muss hier rein und so. Haben mir dem so einen Stoß mitgegeben und dann sind sie abmarschiert. Dann hab ich zur Ella gesagt gehabt: „Des riecht. Das gibt Ärger.“ Jetzt werden wir mal sehen, was los isch.“ Andern früh um neune kommt er wieder und bringt so’n Stoß Aufnahmebeitritte. Und da hab ich des neben mich hingelegt (pocht wiederholt auf den Tisch) und hab gesagt, „Und jetzt erzähl mal, was isch los?“ Und dann hat er angefangen. Im Betrieb Akkord schlecht, Arbeitsbedingungen mies, sie stehen im Dreck bis an die Arme. In ihrem Wohnheim Sauerei hoch drei, kein warmes Wasser, gar nix. Hab ich mir alles angehört, alles aufgeschrieben, hab ich Notizen gemacht und dann bin ich rüber und hab mich vorgestellt bei der Geschäftsführung, hab ich gesagt „Ich bin eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft, ich will den Chef sprechen.“ Ah, Aufregung, logisch. Aber der hat mich natürlich gekannt, der Geschäftsführer, der Chef, der Dieter Mellert, der hat mich gekannt, der hat mich auch sofort durchgelassen. „Um was geht’s.“ Und dann hab ich gesagt gehabt, „Also erstens Betriebsratswahlen, zweitens will ich heut noch das Wohnheim besichtigen, das ihr dort habt, wo da auch die türkische Mitarbeiter untergebracht sind, die noch keine eigene Wohnung haben. Drittens Betriebsbesichtigung, ich will mir die Arbeitsbedingungen angucken. Sie kennen ja sicher die Arbeitsstättenverordnung, und nach der Prämisse guck ich mir jetzt die Arbeitsplätze an.“ Da war Schweigen im Schacht. Aber er hat mich reingelassen, zunächst a mal in’n Betrieb. Dann wollt er mit mir klären, worum Betriebsrat. Hab ich gesagt, „Betriebsrat ist jetzt, das heißt da machen mir den Aushang, Betriebsversammlung, Wahlvorstand mit allem drum und dran. Ischt gar net so wichtig, mir fahren jetzt in des Wohnheim.“ Und dann hab ich mir des angeguckt. So was Mieses hab ich noch net gesehen. Und dann kam natürlich die Frage der Integration, ne. Ja. Warum sondern die sich jetzt so aus und gehen in solche Drecklöcher rein, die sie zur Verfügung gestellt kriegen eigentlich und, und bewegen sich net in, in, kriegen sie keene Wohnungen oder an was liegt’s? Und des hab ich zum Thema gemacht in der SPD-Veranstaltung. Und darüber wurde in der Presse groß und breit berichtet. Es gab damals, ich glaub, drei oder vier Interviews mit mir zu diesem Thema und überraschend für mich war, dass, dass die türkische Mitglieder mittlerweile des mitgekriegt haben, was mir da in der Öffentlichkeit für’n Zauber machen. Die haben des irgendwo mitgekriegt. Die waren immer informiert darüber. So mit dem Wohnheim, des hat sich dann irgendwann erledigt, mit dem Betriebsrat, das hat sich erledigt. Mir waren dann auch einigermaßen gut organisiert bei dem Fibron da drin oder sind’s, glaube ich, immer noch, weiß ich jetzt net genau, aber sind‘s, ich glaub, immer noch. Aber des Thema Integration hat uns nie losgelassen. Die sind dann zu uns gekommen, wenn Kinder in der Schule Schwierigkeiten hatten. Die sind zu uns gekommen, wenn ihre Weiber mit, wegen ihre Koch... Kopftücher, äh, Kopftücher belästigt worden sind. Wir mussten uns um jeden Scheiß dann im, im wahrschten Sinn des Wortes. Ich konnte denen dreimal sagen, „Leut, äh, isch ja alles richtig, was ihr sagt, aber ihr müsst da selber und, und, und. Die haben dann auch so ’ne, so ’ne Art, äh, äh, türkischen, wie soll ich denn sagen, Interessens, äh, äh, Ausschuss gebildet in Bretten. Haben sich dort regelmäßig getroffen, ich war einmal eingeladen zur Diskussionsrunde. Und dann hatten sie so a türkisches Fest, da haben sie mich eingeladen, bin ich natürlich auch hin. Äh, aber ansonsten alles die Schwierigkeiten, die wir aus der Presse von anderen ja nun kennen. Also, und des Hilflose isch, was willscht denn machen als, als IG Metaller. Ich kann keene Wohnungen bauen in Bretten. Ich kann auch keene, was weiß ich, keene Schulen, äh, beeinflussen und dass sie auf die Kinder besser eingehen und pipapo. Das liegt an der Gesellschaft. So und äh, bei Schenck hatten mir auch so, auch, äh, äh, türkische Truppe, also Schenck isch a Gießerei, wenn da ‘ne Pfeife sagt, „Alle Türken raus!“, denn steht die Gießerei flach. Übrigens, äh, bloß nebenbei gesagt, äh, für gewerkschaftliche Aktionen waren die Türken immer in der vorderschten Reihe.