Michael Geuenich

IG Metall
IG Metall
Video 1 – 2:16
Personalrati
Nationalsozialismusi
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)i
Video 2 – 4:33
Nationalsozialismusi
Video 3 – 2:17
Betriebsrati
Akkordarbeiti
Betriebsverfassungsgesetzi
... die kamen dann schon mal zu Besuch. Der eine war so alt wie meine Mutter, die waren auch Schulkollegen, das war eigentlich der Politische. Der war auch in dem Ort, wo ich war, der SPD-Vorsitzende, war auch im Gemeinderat, später Bürgermeister, war aber schon 'n alter Mann. Und der andere, der war Gesamtpersonalratsvorsitzender bei der Bundesbahn, wenn die kamen, dann ging das immer bis in die Nacht hinein, aber auch persönlich. Die kannten natürlich jede Menge Menschen aus der Kaiserzeit über die Weimarer Republik, Nazis, ne, und der eine war besonders gewaltig in Schrift, der eine Kollege. Hat der seiner Frau gesagt, ich hab dem Max geschrieben, der war Funktionär, ich hab ihm geschrieben, wie es ihm ginge und so, ich könnt nur sagen, die heu… die Wölfe heulen immer noch. Damit meinte er die Nazis. Das muss man ja umschreiben, ne. Solche Sprüche hatten die dann drauf. Der hat dann klar gesagt, oder wenn … mein Vater hat das nie extensiv betrieben, der war auf'm Balkan. Der kam in Urlaub 1942, das hab ich selber gehört, hat der erzählt, wie die Juden erschossen wurden, in 'n Müllcontai… Mülltransporter geladen, in die Save geschüttet in Kroatien, ne, und da gibt’s Bilder von und eins ist besonders in Deutschland bekannt, hier im Archiv habt ihr so was. Da erschießt ein SS-Mann einen Juden und da war der bei, mein Vater hat gestanden in der zweiten Reihe, also das was da ... was da abging, sagte, der Mann, der hat … alle lagen auf'm Gesicht, sagt der, ich hat gesehen, dass der vorher sich hat fallen lassen. Musst du mal vorstellen. Der SS-Mann ist dann da vorbeigegangen, hat jedem so mal dran getreten und da hat der den Kopf gedreht, ne. Hat der das Magazin leergeschossen. Das hat der 1942 erzählt und da sagen die Leute, sie hätten das nicht gewusst, was die Nazis gemacht haben. Alles Quatsch, die haben das alle gewusst. Vielleicht nicht im Einzelnen ...
Ich bin also 41 in die Schule gekommen, das ist eine verrückte Agenda und musste Sütterlinschrift lernen. Das war damals die noch übliche Schrift. Dann gab es ein Jahr darauf auf Weisung von oben natürlich die Umstellung auf lateinische Schrift. Nachdem ich das Alphabet konnte, musste ich ein neues Schreiben lernen auf Latein. Das war also schulisch eine kleine Katastrophe. Für mich kam erschwerend hinzu, ich bin Linkshänder und ich durfte nicht links schreiben. Ein deutsches Kind schreibt rechts, sagte der Nazi-Lehrer, und das hat natürlich nie so richtig funktioniert und das ist mein Leben lang eine Schwäche geblieben, dass ich nicht schön schreiben konnte, was damals noch sehr wichtig war und worauf man auch achtete, [war wichtig] auch für das spätere Leben, was man verwenden konnte, vor der Computerzeit natürlich. Dann, wie gesagt, wurde das Alphabet gewechselt und da bin ich zur Schule gegangen bis 1944 im September und da war nach der Invasion der Alliierten in Frankreich die Front so nah im Westen unseres Landes, also bei Düren, dass keine Schule mehr stattfinden konnte. Da kamen jeden Tag Tiefflieger, die auf alles schossen, was sich bewegte und dann, weiß ich gut, ich hatte eine Schwester wohnen in Metzbrück bei Aachen, da war eine … ein kleiner Flughafen und mein Schwager war da auch bei der Reichsbahn und meine Mutter und ich gingen sie, da sie kleine Kinder hatte, ab und zu besuchen und fuhren kompliziert mit der Bahn von Büren nach Düren und von Düren nach Eschweiler, und wie das dann so geht, dahin. Und dann sind wir 1944, meine Mutter und ich, damals war ich 9 Jahre alt, sind wir von Baum zu Baum gesprungen, weil die schossen auf alles was sich bewegte, die Kameradilla mit ihren Lightnings, die da hauptsächlich kamen, und dann sind wir also zwischen fliegenden Geschossen hin und hergewandert bis zu meiner Schwester. Das hat sich also sehr eingeprägt und wenn meine Mutter später da hingefahren ist, ist sie allein gefahren, hat sie gesagt, das ist zu gefährlich für dich. Das sind natürlich auch Sachen, die eine Rolle spielten. Dann sind wir evakuiert worden, als die Front dann näherkam, in die Nähe von Hannover, in die Nähe des Steinhuder Meeres. Und dann haben wir ein schönes halbes Jahr gehabt mit wenig Schule, das heißt, 44 September war sie im Dorf bei uns zu Ende, in der Evakuierung bin ich dann auch noch zwei Monate zur Schule, dann war der Krieg zu Ende, dann fiel die Schule aus und dann gab es alles so Dinge und dann sind wir wieder nach entsprechender Zeit nach Hause aus der Evakuierung zurückgefahren, kamen zu Hause an, das Haus war, na gut, wie das so ist nach Monaten, wenn man es verlassen hat, aber keine größeren Kriegsschäden. Und dann waren wir wieder in dem Ort, wo ich geboren bin, wo ich zur Schule ging. Meine Schule gab’s nicht, einen Lehrer gab’s auch nicht und ich hab dann später immer meinen Neffen erzählt, die immer neidvoll waren, ich hatte die schönste Jugend, ich hab zwei Jahre nur Fußball gespielt ohne störende Einflüsse von Schule und Hausaufgaben (lacht) und die konnten da natürlich nichts mit anfangen. Ich wollte ihnen nur veranschaulichen, wie wenig Schule ich hatte, denn weil sie ja klagten über die Schule, über die Mühe der Schule und so weiter. Und dann bin ich dann 1950 im März nach einer Schulverlängerung, wie sie dann war, erst halbe Tage, dann volle Tage, also von 41 Herbst bis März 1950 war meine Schulzeit mit jahrelanger Unterbrechung, Kurzschulzeiten, weil nur ein Lehrer da war und Ähnlichem, und mit dem, was ich mir dort erworben habe, bin ich dann in den Beruf gegangen ...
Voreingenommenheit, nicht, also du musst dir vorstellen, die Unternehmer waren ja in der besseren Position und der Arbeitnehmer, der dort war, den hatte der ständig vor Augen. Und der Gewerkschaftssekretär, der von außen kommt und den berät, den Betriebsrat, gegen den Unternehmer argumentiert, dessen Glaubwürdigkeit oder dessen Position wird ja stets versucht, vom Unternehmer zu konterkarieren oder zu … zu … zu … einfach kaputt zu machen die Funktion, nicht. So mit den berühmten Argumenten, der kommt von draußen, du bist … musst hier arbeiten, der ist wieder weg, da komm ich, ist dein Berater wieder weg, so in dem … in dem Sinne. Die waren aber in gewisser Weise abhängig von mir oder dem anderen Gewerkschaftssekretär, weil sie die Materie ja nicht beherrschen konnten. Der arme Dreher, dat arme Schwein, der an der Maschine steht und hohe Akkordarbeit macht, sich nicht weiter drum kümmert, der kann das Betriebsverfassungsgesetz, konnte der ja gar nicht auslegen und schon gar nicht die Tarifverträge. Gab’s auch welche, aber wenige, nicht, und deshalb holten sie sich dann bequemerweise den Gewerkschaftsberater. Dafür hat der die genervt, du musst die Kollegen aufnehmen, damit sie Mitglied der Gewerkschaften werden, ne. Das, also wie gesagt, die Position des Gewerkschaftssekretärs im Betrieb, da muss man sehr aufpassen, dass man nicht im wahrsten Sinne des Wortes zwischen die Fronten gerät und das verhinderst du nicht, indem du Spione aussendest, sondern das erfährst du, wenn du Konfrontation ... auf Konfrontation gehst, eine klare Gegenmeinung hast. Der Unternehmer argumentiert aus seiner Sicht, dann kann auch der nicht so Informierte entscheiden, wer Recht hat.
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Michael Geuenich wurde am 23. April 1935 in Morschenich bei Düren geboren. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte er von 1950 bis 1953 eine Lehre zum Dreher und war bis 1964 in seinem erlernten Beruf tätig. Zwischen 1957 und 1964 engagierte Geuenich sich für die IG Metall unter anderem als Vertrauensmann, Jugendvertreter und Betriebsrat. 1964 wurde er hauptamtlicher Sekretär der IG Metall in der Verwaltungsstelle Köln, 1973 1. Bevollmächtigter der Gewerkschaft  in der Verwaltungsstelle Neuss. Von 1982 bis 1985 war Geuenich Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) im Landesbezirk Nordrhein-Westfalen und zwischen 1985 und 1998 schließlich Geschäftsführendes Mitglied im DGB-Bundesvorstand.

Geuenich ist seit 1957 Mitglied der SPD. Von 1970 bis 1975 war er direkt gewähltes Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen und gehörte zwischen 1973 und 1991 dem Landesvorstand der nordrhein-westfälischen SPD an.

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