In den 80er Jahren hat sich die gewerkschaftliche Aufgabe ja auch dadurch verändert, dass wir durch das Mitbestimmungsgesetz dann plötzlich die Möglichkeit hatten, in den ... in den Aufsichtsräten mitzuwirken. Und das Gesetz hat ja auch vorgesehen, dass nicht nur Vertreter der Arbeitnehmer, sondern auch Vertreter der Gewerkschaften dann in den Aufsichtsrat gewählt werden müssen, zur Hälfte oder mit dem Stimmrechtsprivileg der anderen Seite. Und da gab’s bei uns einige große Betriebe, Unternehmungen wie Unilever, Maggi, Nestle, Südzucker, Reemtsma und andere, in die wir dann reinkamen und die Betriebsräte haben dann auch selbst Wert darauf gelegt, dass möglichst die erste Garnitur und nicht grade ihr Ortssekretär, der sich mit der Geschäftsleitung über irgendwelche Kleinigkeiten gestritten hatte, hineinkam. Also es ist dann passiert, dass ich in mehreren Aufs... Aufsichtsräten reinkam und in manchen sogar als Stellvertretender Aufs... Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender. Ich war bei ... bei Nestle gewesen, bei Südzucker und bei der Reemtsma auch mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Meistens waren es Familiengesellschaften, die ja die Zügel weiter in der Hand gehalten haben wie bei Steigenberger, der Hotelgesellschaft, oder bei Reemtsma mit einer riesigen Gesellschafterversammlung und das war ja auch eine neue Dimension. Wir sind erst mit sehr viel Vorsicht aufgenommen worden, weil man uns nicht getraut hat. Und man hat dann Satzungen gemacht, in denen man den Einfluss des Aufsichtsrates weitgehend beschnitten hat, dass sich da nicht so viel ändert. Sie konnten aber eines nicht ändern, weil es im Gesetz steht. Das Einzige, was ein Aufsichtsrat überhaupt wirksam tun kann, die Besetzung des Vorstandes. Bei einer Personengesellschaft wie Reemtsma konnte man das immer noch durch die Gesellschafterversammlung kassieren, was der Aufsichtsrat beschlossen hat, aber das ist das einzige Mittel, mit dem man Druck ausüben konnte, insbesondere dass man Arbeitsdirektor reinbekam, oder dass bestimmte soziale Leistungen dann ... dann entwickelt wurden. Und das war also, wie gesagt, in Gesellschaften, die in fester Hand waren, ziemlich deutlich. Bei Nestle, da konnte man keine Bäume ausreißen. Das wusste man auch. Der Arbeitsdirektor, der hat sich in einer Betriebsräteversammlung mal hingestellt und hat gesagt. Also wie harmonisch das Verhältnis ist, das sehen sie daran, dass es bisher noch keinen Beschluss im Aufsichtsrat gab, der gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter zustande kam. Hat er dann erklärt. Ich hab mich dann gemeldet oder ich kam dann an der Rede dran und hab gesagt: Ja, der Arbeitsdirektor hat völlig recht, das ist auch so. Warum ist das aber so? Es gibt ja einen Stichentscheid. Und der Stichentscheid, der ist letzten Endes auf der Arbeitgeberseite. Und deshalb konnte die Arbeitnehmerseite stimmen wie sie will, mit dem Stichentscheid in einer Gesellschaft, die in festen Händen ist, kann man nichts ändern. Und das ist so ähnlich wie bei Galilei Galileo. Galilei Galileo, dem hat man ja nur die Folterwerkzeuge gezeigt und dann war der überzeugt, dass die Erde eine Platte ist, oder das sie jedenfalls nicht im Mittelpunkt ... dass die Sonne nicht im Mittelpunkt des Sonnensystems ist, hat man sie überzeugt, die Folterwerkzeuge. Und das Folterwerkzeug, das hier die Arbeitgeberseite in der Hand hat, ist der Stichentscheid. Was macht also eine vernünftige Arbeitnehmervertretung? Anstatt gegen den Willen der anderen Seite anzurennen, versucht er irgendeinen vernünftigen Kompromiss zu machen und irgendetwas zu erreichen, was erreichbar ist. Das ist besser als nur stur dagegen zu stimmen. Und so ist das hier auch zustande gekommen. Bei der Südzucker war’s noch interessanter. Bei der Südzucker hatten wir ja den Hermann Josef Abs als Aufsichtsratsmitglied gehabt, der war Ehrenmitglied, nahm an jeder Sitzung teil, ist meistens eingeschlafen, aber wenn er wach war, dann war’s gefährlich. Da wusste er, was los war. Und mir ist es ein einziges Mal passiert, ich hab da gegen irgendeine Vorlage opponiert und er hat was anderes vorgeschlagen und die Geschäfts … der Vorstand hat wie immer gesagt, das haben wir alles schon geprüft, das geht natürlich nicht oder sonst nicht und in dem Augenblick ist der Hermann Josef Abs wachgeworden und hat gesagt: Der Herrmann hat recht! Der Vorstand war erstarrt. Wie ist das möglich, dass ein Gewerkschaftsvertreter recht haben kann? Es war … Aber der Abs hat das gemacht und er hat‘s auch bewiesen, dass ich recht hatte. Und das war für mich schon ein innerer Vorbeimarsch gewesen dabei. Also solche Fälle gab es dabei. Es gab bei Steigenberger sogar so, dass die Frau Steigenberger, die alleinhaftende Gesellschafterin, dann zu mir gegangen ist und hat mich in ihre Wohnung eingeladen, weil sie da irgendeinen Rat haben wollte, wie sie das machen könnte. Der Inhaber der ... der Kulmbacher Brauerei, der hat mich in Hamburg extra aufgesucht und hat gesagt: Wir wollen ... wir brauchen jemanden für die Sankt Pauli Bavaria Brauerei, aber wir wissen net richtig, wen wir nehmen sollen. Und da hab ich gesagt: Nehmen Sie, da hatte ich einen bestimmten Namen im Kopf gehabt, nehmen Sie den, der kennt den Laden und das ist der Einzige, der was aus dem Laden machen kann. Hat der gemacht. Also, es hat sich im Laufe der Zeit ein anderes Verhältnis entwickelt. Während wir vorher mit Misstrauen beobachtet worden sind und man versucht hat, alle unsere Initiativen von vornherein abzubügeln, war es auf einmal so, dass wir mehr akzeptiert worden sind, weil sie festgestellt haben, dass das was wir vorgetragen haben, ja auch nicht immer Blödsinn war.